Die Canon de 274 modèle 87/93 Glissement war ursprünglich ein Geschütz für französische Schlachtschiffe, wurde während des ersten Weltkrieges jedoch zu einem Eisenbahngeschütz umgebaut und an der Westfront eingesetzt.
Ende des 19. Jahrhunderts wurde in Frankreich mit dem Bau mehrerer Pre Dreadnought Schlachtschiffe begonnen, die als sekundäre Bewaffnung die Canon de 274 modèle 1887/1893 Geschütze erhielten. Diese Geschütze waren noch nicht vollständig aus Stahl gefertigt sondern verfügten über mehrere Lagen von Stahlverstärkungsreifen. Zudem hatten sie einen unterbrochenen Schraubenverschluss und feuerten separate Ladungen und Geschosse ab.
Nachdem der erste Weltkrieg begonnen hatte und sich ab 1915 an der Westfront der Stellungskrieg abzeichnete, zeigte sich, dass die eingesetzten französischen leichten Feldgeschütze nicht ausreichten um die immer stärker befestigten deutschen Stellungen zu beschädigen oder zu zerstören. Somit beschloss das Oberkommando die schweren Geschütze aus den Festungen abzuziehen und an die Front zu bringen. Hiervon waren auch die Geschütze der Küstenverteidigung und ausrangierter Kriegsschiffe betroffen.
Nach den erfolgreichen Tests der ehemaligen Schiffsgeschütze Canon de 274 modèle 93/96 Berceau nach dem Umbau zu Eisenbahngeschützen 1915, wurden auch die Canon de 274 modèle 87/93 ausgewählt als Eisenbahngeschütze umfunktioniert zu werden. Allerdings entschied sich die Firma Schneider die vollständige Panzerung aus Zeit und Kostengründen weg zu lassen.
Um das Geschütz aufnehmen zu können wurde zwischen zwei Eisenbahnwaggons ein Stahlgerüst montiert auf dem dann das Geschütz gesetzt wurde. Die 5 achsigen Waggons verfügten über Drehscheiben damit das Geschütz auch durch engere Kurven fahren konnte und somit der Radius verkleinert wurde. Da die Waggons über keinen eigenen Antrieb verfügten mussten diese von einer Lok an den gewünschten Platz gezogen werden. Nachdem das Geschütz an die entsprechende Stelle gezogen wurde, senkten sich 6 Stahlträger in der Mitte auf die Gleise und hoben den Stahlrahmen hoch um sowohl die Gleise als auch die Drehscheiben der beiden Waggons beim Abfeuern zu entlasten. Nach dem Abfeuern glitt das gesamte Geschütz einige Meter zurück und wurde durch die im Boden eingelassenen Anker gestoppt um durch eine Lok wieder in seine Position gezogen zu werden. Dieses als Glissement-System bekannte Verfahren war zwar zeitaufwendiger als der Einbau eines Rückstoßsystems, war jedoch deutlich günstiger und verbrauchte nicht so viele Rohstoffe, an denen es während des Krieges grundsätzlich mangelte.
1917 wurden die ersten 4 Geschütze von der Firma Schneider an die französische Armee ausgeliefert und an der Westfront eingesetzt. Durch den starken Verbrauch musste der Lauf der Waffen mehrere Male aufgebohrt werden, sodass bis zum Kriegsende das Kaliber bis zu 288 mm betragen konnte. Von den eingesetzten Geschützen gingen bis zum Waffenstillstand 3 verloren.
Nach dem ersten Weltkrieg wurden in den Jahren 1919 und 1920 insgesamt 16 weitere Eisenbahngeschütze umgebaut und an die französische Armee ausgeliefert. Diese ließen diese in Depots einlagern für den Fall eines neuen Krieges.
Mit Beginn des zweiten Weltkrieges wurden diese Geschütze wieder reaktiviert. In wie fern diese gegen die deutsche Wehrmacht eingesetzt wurden ist nicht bekannt. Nach der Kapitulation Frankreichs 1940 konnte die Wehrmacht 6 der Eisenbahngeschütze erbeuten und stellte diese unter der Bezeichnung 27,4 cm K (E) 591 (f), 27,4 cm K ( E) 592 (f) und 28,5 cm K (E) 605 (f) in den eigenen Dienst.
Datenblatt:
Bezeichnung: | Canon de 274 modèle 87/93 Glissement |
Herstellerland: | Frankreich |
Einführungsjahr: | 1887 1917 Umbau zum Eisenbahngeschütz |
Stückzahl: | 20 Stück |
Kaliber: | 274 mm Im Laufe des Krieges bis auf 288 mm aufgebohrt |
Rohrlänge: | 12,3 Meter |
Reichweite: | Max. 26.400 Meter |
Gewicht: | 155 Tonnen |
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