Das Linienschiff SMS Kurfürst Friedrich Wilhelm gehörte zu den Schiffen der Brandenburg-Klasse, die als Höhepunkt im kaiserlichen Panzerschiffbau galten, bevor diese Schiffsklasse durch modernere Typen abgelöst wurden. In der kaiserlichen Marine unternahm das Schiff überwiegend Auslandsreisen und wurde nach Asien geschickt um den Boxeraufstand mit zu unterdrücken. Seinen ersten Kriegseinsatz hatte das Schiff jedoch erst, als es an das osmanische Reich verkauft wurde.
Stapellauf und Bauform:
Der Bau der Schiffe der Brandenburg-Klasse begann Anfang der 90er Jahre des 19 Jahrhunderts noch vor dem Amtsantritt von Alfred Tirpitz als Staatssekretär des Reichsmarineamtes. Zum Zeitpunkt des Bau galten diese Schiffe als Höhepunkt der Konstruktion von Panzerschiffen, erst in den späteren Jahren wurden die Schiffe als Linienschiffe klassifiziert.
Die Entwicklung von gepanzerten Schiffen ging auf die Denkschrift von Generalleutnant Leo von Caprivi zurück, der bereits 1884 an die Marineleitung die Forderung stellte, dass der Kern der kaiserlichen Flotte langfristig nur mit diesen neuen Schiffen Bestand haben kann. Der Umschwung der seit Jahren praktizierten Verwendung der Schiffe als reine Küstenverteidigung in eine Hochseeflotte wurde damit gelegt.
Nach dem Baubeginn der 4 Schiffe der Brandenburg-Klasse kam es zu einigen Verzögerungen. Grund waren Lieferprobleme der Firma Krupp bei der Stahllieferung sowie kurzfristigen Änderungen der Mittelartillerie von 8,7cm Geschützen auf die neuen 10,5cm Schnellfeuergeschütze. Die SMS Kurfürst Friedrich Wilhelm war anschließend zwar das Typschiff der neuen Klasse, benannt wurde diese jedoch nach dem 2. Schiff, der SMS Brandenburg.
Der Stapellauf der SMS Kurfürst Friedrich Wilhelm erfolgte am 30. Juni 1891, die Indienststellung am 29. April 1894.
Werdegang der SMS Kurfürst Friedrich Wilhelm:
Nach der Indienststellung und den Erprobungsfahrten wurde die SMS Kurfürst Friedrich Wilhelm als Flaggschiff der I. Division eingesetzt.
Bis zum Jahreswechsel 1899 auf 1900 war das Schiff überwiegend an Auslandsreisen im europäischem Raum beteiligt, wobei unter anderem Schweden, England, die Niederlande und Portugal angelaufen wurden. Die letzte Auslandsreise wurde im Mai 1900 durchgeführt und führte zu den Shetlands, in den Sognefjord und nach Bergen.
Als im Frühjahr 1900 in Ostasien der Boxeraufstand in Peking begann, entschied sich die kaiserliche Marineführung, entgegen der Einwände von Alfred von Tirpitz, zu der Entsendung weiterer Schiffe und Truppen in das Gebiet um den Aufstand niederzuschlagen. Vor Ort befand sich jedoch bereits das kaiserliche Ostasiatische Kreuzergeschwader, welches bereits aus 7 Schiffen bestand. Zur Unterstützung wurden dennoch 5 weitere Schiffe, darunter alle Schiffe der Brandenburg-Klasse entsendet. Von Kiel und Wilhelmshaven aus, liefen die Schiffe am 9. und 11. Juli aus. Am 30. August 1900 trafen die Schiffe auf der Reede von Wusung bei Shanghai ein und begannen mit der Blockade des Jangtse um das Auslaufen der chinesischen Marine zu unterbinden. Zum Zeitpunkt der Blockade war der Aufstand bereits von den Truppen der 8 Staaten der Allianz beendet worden. Am 1. Juni 1901 traten die 4 Schiffer der Brandenburg-Klasse zusammen mit der SMS Hela den Rückweg an.
In den folgenden Jahren wurden einige Umbaumaßnahmen an der SMS Kurfürst Friedrich Wilhelm durchgeführt, doch bereits 1906 gelangte die Marineführung zu dem Schluss, dass die Schiffe der Brandenburg-Klasse bereits veraltet waren. Sie wurden dementsprechend der Reserveflotte zugeteilt und dienten nur noch für Ausbildungszwecke.
Am 12. September 1910 wurden dann die beiden Schiffe SMS Kurfürst Friedrich Wilhelm und SMS Weißenburg an das osmanische Reich verkauft und dort in Barbaros Hayreddin und Turgut Reis umgetauft und in die osmanische Marine aufgenommen.
Einsatz im Balkankrieg:
Mit Ausbruch der Balkankriege 1912 und 1913 wurde auch die Barbaros Hayreddin erstmals in einem Krieg eingesetzt. Am 17. November 1912 beschoss das Schiff vorrückende bulgarische Truppen bei Çatalca um den Vormarsch auf Konstantinopel zu verhindern.
Am 16. Dezember 1912 erfolgte der erste Versuch von osmanischen Kriegsschiffen die Dardanellen zu durchbrechen. Während des Gefechtes von Elli wurde die Barbaros Hayreddin beschädigt, hatte 7 Tote und 14 Verwundete zu beklagen und die osmanischen Schiffe mussten sich gegenüber den griechischen Schiffen zurückziehen.
Auch der zweite Ausbruchversuch am 18. Januar 1913 scheiterte an der Abwehr der griechischen Schiffe. In dem Gefecht von Lemnos fiel fast die gesamte Artillerie der Barbaros Hayreddin aus, zudem waren 32 Tote und 45 Verwundete zu beklagen.
Der nächste Einsatz erfolgte am 8. Februar 1913 beim Beschuss der Küstenregion nahe Tekirdag um die dortige Landeoperation der osmanischen Truppen zu unterstützen. Das Unternehmen schlug zwar fehl, durch den Artilleriebeschuss der Barbaros Hayreddin und weiterer Schiffe, konnten sich die osmanischen Truppen jedoch ohne größere Verluste wieder zurück ziehen.
Verbleib:
Mit dem Ausbruch des ersten Weltkrieges musste das Schiff einige ihrer Geschütze an die Küstenverteidigung der Dardanellen abgeben um diese vor Angriffen der Briten zu schützen. Damit war die Barbaros Hayreddin nicht mehr für einen Kriegseinsatz zu verwenden. Am 8. August 1915 sollte das Schiff noch durch die Dardanellen fahren als es von dem britischen U-Boot HMS E11 am Nordende der Halbinsel Gallipoli torpediert wurde.
Durch den Treffer wurde das Schiff so stark beschädigt, dass es zu sinken begann. Der Untergang kostete 253 Besatzungsmitgliedern das Leben.
Kommandanten:
29. April bis Juni 1894 | Kapitän zur See Valette |
Juni bis 5. September 1894 | Kapitän zur See Rudolf Rittmeyer |
1. November 1894 bis September 1895 | Kapitän zur See Oscar Boeters |
Oktober 1895 | Korvettenkapitän Otto Hoepner |
Oktober 1895 bis September 1897 | Kapitän zur See Friedrich Graf von Baudissin |
September 1897 bis Oktober 1899 | Kapitän zur See Karl Galster |
Oktober 1899 bis September 1901 | Kapitän zur See Henning von Holtzendorff |
September 1901 bis 14. Oktober 1902 | Kapitän zur See Johannes Wallmann |
14. Dezember 1905 bis Oktober 1906 | Fregattenkapitän / Kapitän zur See Karl von Levetzow |
Oktober 1906 | Korvettenkapitän Franz Brüninghaus |
Oktober 1906 bis September 1908 | Kapitän zur See Friedrich Marwede |
30. September 1908 bis 30. November 1909 | Kapitän zur See Leo Jacobson |
30. November 1909 bis September 1910 | Fregattenkapitän / Kapitän zur See Hans Uthemann |
Schiffsdaten:
Name: |
SMS Kurfürst Friedrich Wilhelm |
Land: |
Deutsches Reich |
Schiffstyp: |
Panzerschiff, später Linienschiff |
Klasse: |
Brandenburg-Klasse |
Bauwerft: |
Kaiserliche Werft, Wilhelmshaven |
Baukosten: |
16.054.000 Mark |
Stapellauf: |
30. Juni 1891 |
Indienststellung: |
29. April 1894 |
Verbleib: |
Am 8. August 1915 versenkt |
Länge: |
115,7 Meter |
Breite: |
19,5 Meter |
Tiefgang: |
Max. 7,4 Meter |
Verdrängung: |
Max. 10.670 Tonnen |
Besatzung: |
568-591 Mann |
Antrieb: |
12 Zylinderkessel |
Leistung: |
9.686 PS (7.124 kW) |
Höchstgeschwindigkeit: |
16,9 kn (31 km/h) |
Bewaffnung: |
4 × Ringkanone 28,0 cm L/40 2 × Ringkanone 28,0 cm L/35 (insgesamt 352 Schuss) 6 × Schnellfeuergeschütz 10,5 cm L/35 (600 Schuss) 8 × Schnellfeuergeschütz 8,8 cm L/30 (2.000 Schuss) 12 × Revolver Kanone 3,7 cm 6 × Torpedorohr ø 45 cm (2 im Bug, 4 in den Seiten, über Wasser, 16 Schuss)
|
Panzerung: |
Gürtel über Wasserlinie: 300–400 mm |
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