Richard I. (Richard Löwenherz)

Richard I. war einer der bekanntesten englischen Könige, der seinen Beinamen "Löwenherz" bei seiner Teilnahme am dritten Kreuzzug eher durch ein unrühmliches Verhalten seines Heeres erlangte.

 

Herkunft und Jugendalter:

Richard wurde am 8. September 1157 in Oxford als dritter Sohn von Heinrichs II. von England und der Eleonore von Aquitanien geboren. Über seine Kindheit gibt es keine schriftlichen Überlieferungen, man geht jedoch davon aus, dass Richard wie zur damaligen Zeit üblich, die Ausbildung im militärischen Wesen, Bildung und Politik genoss. Eine erste schriftliche Erwähnung seines Namens findet man aus dem Jahre 1159, als bereits im Kindesalter eine Verlobung mit der Tochter des Grafen von Barcelona Raimund Berengar IV. beschlossen wurde, welche durch den nur kurz darauf folgenden Tod des Grafen wieder annuliert wurde.

Insgesamt hatte Richard 4 weitere Brüder:

  1. Wilhelm (1153–1156)
  2. Heinrich (1155–1183)
    Wurde 1160 mit Margarete von Frankreich verheiratet, war Herzog von Normandie, Graf von Anjou und Maine. 1170 erfolgte die vorzeitige Krönung zum König, da Heinrich das Erbe seines Vaters antreten sollte
  3. Gottfried (1158–1187)
    Herzog von Bretagne
  4. Johann (1167–1216)
    Graf von Mortain

Richard erhielt die Titel Graf von Maine und Herzog von Aquitanien.

Anfang 1173 zur Feier der Verlobung zwischen Johann und Adelheid (Alys), der Tochter des Grafen Humbert III. von Savoyen, sollte Heinrich laut Anweisung seines Vaters die Burgen Chinon, Loudun und Mirebeau an Johann abtreten. Heinrich jedoch war mit dieser Entscheidung nicht einverstanden und begann gegen seinen Vater zu rebellieren. Ihm schlossen sich im März Richard und Gottfried an.

Bei der Versammlung in Limoges erhob sich Heinrich offiziell gegen seinen Vater und verlangte die tatsächliche Übergabe der Herrschaft über das Herzogtum Normandie. Ihm schlossen sich neben seinen beiden Brüdern zudem sein Schwiegervater König Ludwig VII. von Frankreich, seine Mutter Eleonore von Aquitanien sowie Graf Philipp I. von Flandern und König Wilhelm I. von Schottland an.

Als die Situation sich zu einem bewaffneten Konflikt ausweitete und Heinrich II. mit seinem 20.000 Mann starken brabantischen Söldnerheer die Rebellion niederschlug, setzten sich Richard und seine beiden Brüder nach Paris ab um sich unter den Schutz von Ludwigs VII. zu stellen. Nachdem Heinrich und Gottfried verstarben, war Richard der Anführer der Rebellion. Mit der Hilfe seines Bruder Johann und des neuen französischen Königs Philipp II. August konnte er 1189 die Armee seines Vaters schlagen und im anschließenden Abkommen von Azay-le-Rideau sich als alleinigen Erben betiteln lassen.

Heinrich II. verstarb nur kurze Zeit später am 6. Juli 1189 in der Burg Chinon.

In Westminster wurde Richard schließlich als Richard I. zum König von England gekrönt.

 

 

 

Richard und der dritte Kreuzzug:

Im Gegensatz zu anderen Herrschern machte sich Richard jedoch nicht daran, seine Macht zu festigen oder eine Expansionspolitik voranzutreiben. Sein Hauptaugenmerk lag zunächst in der Erfüllung seines Kreuzzugsgelübdes, dass er gemeinsam mit dem französischen König Philipp II. August abgelegt hatte.

So stachen sie gemeinsam mit ihrem Heer von Marseille aus 1190 in See Richtung des nahen Ostens. Am 16. September 1190 erreichten sie die sizilianische Stadt Messina. Vor seiner Weiterfahrt, forderte er die Freilassung seiner Schwester Johanna, die seit dem Tod ihres Mannes König Wilhelm II. am 17. November 1189 dort gefangen gehalten wurde. Innerhalb weniger Tage wurde dieser Forderung folge geleistet, allerdings gab es immer wieder kleinere Auseinandersetzungen zwischen Richards und den sizilianischen Soldaten, auch Richards Auftreten ähnelte eher dem eines Eroberers als dem eines Königs. Die Situation eskalierte, als einige Bewohner immer wieder Ausfälle aus der Stadt heraus führten, was die Soldaten Richards in eine regelrechte Kampfeswut trieb. Richard stellte sich daraufhin  an die Spitze seines Heeres, lies die Stadt stürmen und anschließend stundenlang die Soldaten plündern, mordend und raubend durch die Straßen ziehen, bevor Richard dem Treiben ein Ende setzte. Die Einwohner Siziliens mit ihrem König Tankred von Sizilien, ließen anschließend von Übergriffen ab und zollten Richard einen gewissen Respekt. Dieser ging teilweise sogar soweit, dass Richard von den Sizilianern den Beinamen „der Löwe“ oder „Löwenherz“ bekam.

Weiter auf dem Weg eroberte Richard zwischenzeitlich Zypern und verkaufte die Insel gleich an den aus Jerusalem geflohenden König Guido von Lusignan. Auf Zypern heiratete er auch, sehr zum entsetzen von Philipp II., Berengaria von Navarra. Damit löste er die Beziehung zu Philipps Halbschwester Alix, was sich im späteren Verlauf sehr zum Nachteil auswirken sollte.

Nach der Eroberung von Akkon lies Richard keine Gelegenheit aus, seinen Mitstreitern seine Macht zu zeigen. So wurden die Anteile von Leopolds V. von Österreich ignoriert, sogar seine Standarte wurde in den Burggraben geworfen. Auch Philipp gegenüber demonstrierte er bei sich jeder bietenden Gelegenheit, wer von den beiden die größere Macht besitzen würde.

Nach der Eroberung von Akkon und dem Streit mit Richard, verlies Philipp frühzeitig den Kreuzzug und kehrte nach Frankreich zurück. Dort traf er sich mit Richards Bruder Johann, der in dessen Abwesenheit England verwaltete und traf mit ihm eine entscheidende Vereinbarung. Philipp sollte einen Teil der Besitztümer Richards in Frankreich erhalten, während Johann den Rest bekam.

In der Zwischenzeit hatte Richard an der Mittelmeerküste mehrere Siege errungen, sein Hauptziel die Befreiung von Jerusalem, lag dennoch in weiter Ferne. Nachdem ihn die Nachricht über den Pakt zwischen Philipp und Johann erreichte, schloss er einen Waffenstillstand mit dem muslimischen Herrscher Saladin und machte sich im Oktober 1192 auf den Rückweg nach England.

 

 

 

Richards Gefangenschaft:

Richards Rückweg vom Kreuzzug begann am 30. Oktober 1192. Durch die Winterstürme auf dem Mittelmeer und der Sperrung der französischen Häfen durch König Philipp, war Richard gezwungen durch die Adria Richtung Norden zu segeln. Durch Überlieferungen soll das Schiff auf dem Weg von Piraten gekapert worden sein. Da sich Richards Schiffskoch und der Piratenkapitän kannten, konnte ein Handel abgeschlossen werden, dass die Piraten Richard aufnahmen und am 15. November 1192 auf der Halbinsel Istrien bei Aquileia als Kaufleute verkleidet von Bord brachten.

In Friesach wurde Richard zum ersten mal erkannt, worauf hin der österreichische König Leopold V. dessen Gefangennahme anordnete. Richard konnte entkommen und tauchte das nächste mal am 6. Dezember 1192 in Bruck an der Mur auf, wo sein höfisches Verhalten Argwohnen heraufbeschwor. Am 21. Dezember 1192 traf er in Erdberg, einem Vorort von Wien ein, wo er einen seiner Begleiter in die Stadt schickte um Lebensmittel zu kaufen. Dort fiel er aufgrund seiner vielen Münzen aus dem Morgenland auf, woraufhin der Begleiter auf dem Rückweg verfolgt wurde. In einem kleinen Gasthaus konnten dann Richard und seine Begleiter ausfindig gemacht und gefangen genommen werden.

Richard wurde dem österreichischen König vorgeführt und anschließend nach Dürnstein gebracht. Am 27. Dezember 1192 informierte Leopold V. den römisch-deutschen König Heinrich VI. über Richards Gefangennahme. Dieser wollte aus der Gefangennahme soviel Profit schlagen wie möglich war, dementsprechend hoch waren auch die Lösegeldforderungen.

Die Lösegeldforderungen setzten sich später aus folgenden Punkten zusammen:

  1. Zahlung von ca. 23 Tonnen bzw. 100.000 Mark Silber.
  2. Waffenhilfe für Heinrich VI. bei einem Feldzug nach Sizilien
  3. Freilassung von Isaak Komnenos und seiner Tochter auf Zypern, die Richard bei dessen Eroberung gefangen genommen hatte
  4. Heirat von Richards Nichte Eleonore von der Bretagne mit Friedrich I. von Österreich, dem Sohn von Leopold V.
  5. Richard Löwenherz setzt sich beim Papst dafür ein, dass Leopold V. nicht exkommuniziert und wieder in die Kirche aufgenommen wird

Nachdem der Vertrag ausgehandelt wurde, überstellte Leopold Richard am 28. März 1193 in die Obhut von Heinrich VI. der ihn in der Burg Trifels festsetzte.

In Trifels wurde Richard der Lösegeldvertrag vorgelegt, diesen lehnte Richard jedoch in allen Punkten ab, konnte er sich doch dem Einschreiten des Papstes sicher sein. Dieser drohte auch Leopold und Heinrich mit der Exkommunikation, sollten sie weiterhin einen, unter kirchlichem Schutz stehenden Kreuzfahrer gefangen halten. Leopold wurde daraufhin exkommuniziert, Heinrich konnte sich dem durch geschickt entziehen, aber um die Gefangennahme zu legalisieren, versuchte er die Gründe durch einen Prozess zu rechtfertigen.

Kurz darauf schaltete sich auch Philipp in die Verhandlungen ein und versprach bei einer Auslieferung Richards an ihn, alle Punkte des Lösegeldvertrages einzulösen. Durch die Gefahr einer Auslieferung an Philipp, willigte Richard allen Punkten, bis auf die Waffenhilfe zu. Als Ersatzpunkt wurde die Zahlung weiter 12 Tonnen Silber ausgehandelt, mit der Bedingung, dass 200 englische Adlige als Pfand solange in Gefangenschaft genommen werden sollten, bis die Summe aufgebracht sei.

Nach der Einwilligung des Lösegeldes versuchte nun Johann die Zahlungen zu sabotieren, um weiterhin in England verwalten zu können. Doch Richards Mutter Eleonore von Aquitanien gelang es durch den Verkauf wertvoller Güter die Summe aufzubringen.

Am Reichstag in Mainz am 2.–4. Februar 1194 wurde die Gefangenschaft von Richard für beendet erklärt. Nachdem er wieder in Freiheit war und noch einige deutsche Städte besuchte, kehrte Richard erst einige Wochen nach seiner Freilassung nach England zurück.

 

 

 

Der Krieg gegen Philipp II.:

Nach seiner Rückkehr nach England versöhnte sich Richard wieder mit seinem Bruder Johann und konzentrierte sich anschließend auf den Rachefeldzug gegen den französischen König Philipp II..

Dieser begann im Jahre 1194, wo Richard Siege bei Fréteval, 1195 bei Issoudun und 1196 die Einnahme der Stadt Angoulême gelangt, woraufhin Philipp II. 1196 dem Vertrag von Louviers zustimmen musste, der Richard wieder einen Teil seiner ehemaligen Besitztümer in Frankreich zurück gab.

 

Richards Wappen:

 

 

 

Richards Tod:

In den darauffolgenden Jahren war Richard hauptsächlich mit dem Aufstand des Adels in Aquitanien unter der Führung von Adémar V. von Limoges beschäftigt. Bei einer Belagerung der Burg Châlus am 25. März 1199 wurde Richard von einem Pfeil oder Armbrustbolzen getroffen, der ihn schwer verletzte. Am 6. April 1199 erlag Richard in den Armen seiner Mutter auf der Burg Châlus den Verletzungen.

Die Beisetzungen seines Leichnams erfolgte in der Abtei Fontevrault, sein Herz in der Kathedrale von Rouen.

Nach seinem Tod trat sein Bruder Johann seine Nachfolge an.

 

Richard Löwenherz

Richard Löwenherz

 

 

 

 

 

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Richard I. Löwenherz 1157-1199: Mythos und Realität

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Richard Löwenherz: König, Ritter, Troubadour

 Richard Löwenherz: König, Ritter, Troubadour Gebundene Ausgabe – 1. Juli 2013


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Richard Löwenherz

 Richard Löwenherz Gebundene Ausgabe – 1. Juli 2009


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Er war einer der größten Könige und Heerführer Englands. Auf der Rückkehr von den Kreuzzügen geriet Richard Löwenherz jedoch in die Gefangenschaft eines österreichischen Herzogs. Und es war keine Armee, sondern sein treuer Freund und Barde Blondel, der ihm zu Hilfe kam!

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Richard Löwenherz: Gestalten des Mittelalters und der Renaissance

 Richard Löwenherz: Gestalten des Mittelalters und der Renaissance Gebundene Ausgabe – 1. September 2007


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Richard Löwenherz (1157-1199), der sich schon zu Lebzeiten als Nachfolger König Artus’ inszenierte, gilt als der Inbegriff des idealen Ritters. Wie aber ist es möglich, dass ein Herrscher, der in einem jahrelangen Krieg seinen Vater zur Abdankung zwang, zum hochherzigen Herrscher stilisiert wurde? Warum gilt gerade ein Mann, der im Dritten Kreuzzug Massaker an Tausenden wehrlosen Menschen anordnete und der Bevölkerung übermäßig hohe Steuern auferlegte, als Muster an Weisheit und Edelmut? Dieter Berg rekonstruiert die wirkliche Gestalt hinter den Legenden. Er beschreibt die politischen Umstände und bettet Leben und Wirken Richards in dessen Zeit ein. Anhand Richards Nachlebens enwirft er schließlich ein Musterbeispiel für das Entstehen eines Mythos.

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